Let’s talk about money!
Die Yogabranche boomt. Überall schießen neue Studios aus dem Boden. Steckt man in Rostock einmal in der Bubble, gibt es gefühlt so viele LehrerInnen wie Sand am Meer. Immer mehr Menschen suchen in Yoga eine Möglichkeit, den Stress des Alltags abzubauen und Körper und Geist in Einklang zu bringen.
Laut dem Statista Report von 2023 wächst der weltweite Yoga-Markt jährlich um etwa 10%. In Deutschland praktizieren laut einer Studie des Berufsverbandes der Yogalehrenden in Deutschland (BDY) mittlerweile über 5 Millionen Menschen regelmäßig Yoga, und die Zahl der Yoga-Studios ist in den letzten fünf Jahren um 30% gestiegen. Trotz dieses Wachstums bleibt die finanzielle Situation vieler YogalehrerInnen prekär.
Hinter der friedvollen Fassade, die Yogastudios oft vermitteln, verbirgt sich eine harte Realität: Das Unterrichten von Yoga ist oft mehr ein Hobby als eine ernsthafte Einkommensquelle. Die wahre Bezahlung für unsere Arbeit ist die Dankbarkeit der Teilnehmenden, die unsere Kurse besuchen und die wir auf ihren Weg begleiten dürfen. Unseren Lebensunterhalt erzielen wir aus anderen Festanstellungen.
Honorarbasis: Fluch oder Segen?
In der Yogabranche ist es mittlerweile gängige Praxis, YogalehrerInnen auf Honorarbasis zu beschäftigen. Auf den ersten Blick mag dies flexibel und unkompliziert erscheinen, sowohl für die Studios als auch für die LehrerInnen. Doch die Wahrheit ist, dass diese Praxis viele talentierte und loyale LehrerInnen ausschließt. Viele von ihnen möchten ausschließlich in einem Studio arbeiten, kennen sich mit den zusätzlichen administrativen Anforderungen einer Selbstständigkeit, wie der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) und der Umsatzsteuererklärung, nicht aus und stehen somit direkt vor einer verschlossenen Tür.
Einige YogalehrerInnen bevorzugen wiederum die Arbeit als Honorarkraft. Diese Freiheit hat jedoch ihren Preis. Um nicht in die Scheinselbstständigkeit zu geraten, müssen sie in verschiedenen Studios unterrichten und sind nicht sozialversichert. Die fehlende soziale Absicherung und die ständige Notwendigkeit, neue Aufträge zu akquirieren, machen es schwierig, langfristig von der Tätigkeit als YogalehrerIn zu leben.
Auch für die StudioinhaberInnen hat diese Praxis Konsequenzen. Indem sie die Verantwortung für ihre Lehrkräfte aufgeben und diese auf Honorarbasis beschäftigen, vermeiden sie zwar zunächst betriebswirtschaftliche Risiken, übernehmen jedoch nicht die nötige Verantwortung für ihr Personal. Wer langfristig gewinnbringend und nachhaltig agieren möchte, muss sich der sozialen Verantwortung bewusst sein, die mit der Anstellung von LehrerInnen einhergeht. Es reicht nicht aus, lediglich auf Flexibilität und kurzfristige Gewinne zu setzen; vielmehr ist es essenziell, ein stabiles und vertrauensvolles Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich alle MitarbeiterInnen abgesichert und wertgeschätzt fühlen.
Fairerweise muss erwähnt werden, dass dies meine Kritikpunkte an der Branche sind und dass in den allermeisten Studios eine wertschätzende Atmosphäre gegeben ist. Viele StudioinhaberInnen bemühen sich um faire Bedingungen und legen großen Wert auf das Wohl ihrer LehrerInnen, auch wenn eine Anstellung nur auf Honorarbasis möglich ist.
Mein Ansatz: Ein fairer und nachhaltiger Weg
Ich habe mich entschieden, einen anderen Weg zu gehen. Alle LehrerInnen erhalten die Möglichkeit auf Minijob-Basis zu arbeiten. Das ist zwar zunächst mit höheren Kosten verbunden, entspricht aber meinen Werten und meiner Vision von einem fairen und nachhaltigen Miteinander, meiner Vision von einem notwendigen Wandel in der Branche, meiner Vision von sicheren Arbeitsbedingungen.
Jeder Lehrer und jede Lehrerin erhalten den gleichen Stundenlohn – aktuell 15 EUR (13 EUR*) pro Stunde. Ein Kurs wird mit 2,5 Stunden Aufwand veranschlagt: 1 Stunde für die inhaltliche Vorbereitung, 15 Minuten für die Vor- und Nachbereitung im Studio und 1 Stunde für die Durchführung des Kurses. Dies ist jedoch immer noch zu knapp kalkuliert, da der reale Aufwand eher bei 3,5 bis 4 Stunden liegt. Was hier noch komplett außer Betracht gelassen wurde, ist der Zeit- und Kostenaufwand für Weiterbildungen.
Somit erhalten aktuell alle LehrerInnen 37,50 EUR (32,50 EUR*) pro Kurs. Dies entspricht ironischerweise so ganz und gar nicht meinen Kritikpunkten. Das ist der Betrag, den ich bei der aktuellen Entwicklung nach 10 Monaten Betrieb zuverlässig und sicher zahlen kann, ohne meine eigene Bezahlung komplett unter den Tisch fallen zu lassen. Dies ist der Betrag, den ich aktuell zuverlässig und sicher zahlen kann, ohne die Preise für die Teilnehmenden zu erhöhen. Mein Ziel ist es, den Stundenlohn im nächsten Jahr auf 17 EUR (15 EUR*) zu erhöhen und den Aufwand realistisch anzupassen.
Eine Studie des Deutschen Yoga-Instituts zeigt, dass die durchschnittliche Vergütung pro Kurs für YogalehrerInnen in Deutschland bei etwa 30 EUR liegt. Berücksichtigt man jedoch den tatsächlichen Zeitaufwand für Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung eines Kurses, sinkt der effektive Stundenlohn auf ein Niveau weit unter dem Mindestlohn. Dies spiegelt die Realität wider, dass viele YogalehrerInnen gezwungen sind, mehrere Jobs zu haben und das wir eher einem Hobby nachgehen.
Einige Studios staffeln die Vergütung auch nach Teilnehmendenzahl. Dies fühlt sich für mich nicht gut an, da Kurse zu ungünstigen Zeiten oft schlechter besucht sind. Diese Praxis überträgt zudem die Verantwortung, die Kurse zu füllen, auf die Lehrkräfte, was mit erheblichem Aufwand verbunden ist. LehrerInnen müssen so nicht nur qualitativ hochwertigen Unterricht bieten, sondern auch ständig Marketing betreiben und neue TeilnehmerInnen anwerben, um ihren Verdienst zu sichern. Dies kann zu einer ungleichen Bezahlung führen und zusätzlichen Druck auf die Lehrkräfte ausüben.
Bei uns lebt der Teamgedanke: Jeder steht für jeden ein, und niemand soll schlechter gestellt werden, nur weil der Kurs zu einer weniger frequentierten Tageszeit stattfindet. Deshalb zahle ich allen LehrerInnen den gleichen Stundenlohn unabhängig von der Teilnehmendenzahl.
Wenn wir am Ende des Jahres als Team ein sehr gutes Ergebnis erzielen, arbeiten wir mit Erfolgsprämien. Auf diese Weise teilen wir den Erfolg und belohnen den gemeinsamen Einsatz, anstatt EinzelkämpferInnen zu fördern.
Ein schwieriger, aber notwendiger Weg
Der Weg, den wir, den ich gehe, ist schwieriger und aktuell weniger wirtschaftlich sinnvoll, mag teilweise naiv klingen. Besonders vor meiner bevorstehenden Elternzeit müsste ich egoistischer denken und handeln. Doch ich bleibe meinen Werten treu. Nachhaltigkeit ist für mich nicht nur ein Schlagwort, sondern eine gelebte Realität – sowohl in der Ausstattung des Studios als auch im Umgang mit den TrainerInnen und Teilnehmenden.
Wir können nicht einfach Unternehmen eröffnen und nur dem Profit hinterherlaufen. Wir müssen uns unserer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein. Denn mal ehrlich: Die meisten neuen Unternehmen brauchen wir nicht, außer sie bringen einen echten Wandel mit sich.
Ich glaube fest an unseren Erfolg und werde immer an meinen Werten festhalten. Sehr dankbar bin ich, dass ich ein Team hinter mir habe, dass diesen Weg mit mir geht, obwohl ich weit davon entfernt bin, all das zu geben, was ich schätze – Fairness, Sicherheit, exitenzsichernde Bezahlung. Hier ist hoch anzuerkennen, dass dies nur möglich ist, weil alle bei uns im Team weiteren Beschäftigungen nachgehen.
Schlussgedanken
Die Yogabranche steckt voller Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf faire Bezahlung und nachhaltige Geschäftsmodelle. Doch mit einem klaren Wertekompass und dem festen Glauben an das, was wir tun, können wir einen Unterschied machen. Yoga ist mehr als nur ein Geschäft – es ist eine Lebensweise, die Respekt und Fairness verdient.
Eure Claudi
*Honorarbasis (Minijobbasis)